Babetteria 48: New Work Places III – Was man sich von der schönen neuen Arbeitswelt bei Dark Horse abschauen kann
Mit Dark Horse stellen wir nicht nur einen Nutzer, sondern auch einen Entwickler neuer Arbeitsräume vor. Die Berliner Agentur entwickelt Produkte, Services und neue Geschäftsfelder ganz im Zeichen der digitalen Revolution. Damit wirkliche Innovationen entstehen können, braucht es neben geeigneten (Frei-)Räumen eine neue Arbeitskultur und eine entsprechende digitale Infrastruktur. Diese wird bei Dark Horse gelebt und an Kunden vermittelt. Darüber sprachen wir mit Monika Frech, die uns durch ihre Räumlichkeiten in Berlin Kreuzberg führte. Die Gründer von Dark Horse haben sich am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam kennengelernt, im Studiengang Design Thinking. Dreißig junge Männer und Frauen, die eine Agentur leiten. Vielmehr leiten sie sie nicht, sondern „sie gestalten den arbeitskulturellen Wandel“ wie es in der Selbstdarstellung heißt.
Prinzipien der Arbeitswelt
Dabei arbeitet Dark Horse nach drei Prinzipien, die in der heutigen Zeit essentiell sind.
- Nutzerzentrierung: Ausgangspunkt sind immer Fragen wie: Wer nutzt die Dienstleistung, das Produkt oder den Raum? Wo liegen Bedürfnisse des Nutzers? Dark Horse rückt die Anwender konsequent in den Mittelpunkt und begegnet Herausforderungen gemeinsam mit ihnen. Das Entwickeln von innovativen Lösungen allein durch Experten ist im digitalen Zeitalter überholt. Der Experte kennt nur Dinge, die schon da sind. Soll Neues geschaffen werden, reicht sein Wissen allein nicht. Hier sind auch die Anwender gefragt!
- Kollaboration: Kollaborieren ist das neue Arbeiten. Im Zuge der Digitalisierung ist die Welt unvorstellbar komplex geworden. Was es zu wissen gibt, kann ein Einzelner gar nicht mehr allein bewältigen. Der Experte der Zukunft teilt sein Wissen mit anderen. Weil viele Arbeiten heute fachübergreifend strukturiert sind, müssen Vertreter aus verschiedenen Fachbereichen zusammenarbeiten. Grundlegend verschiedene Sichtweisen auf ein Problem sind kein Hindernis, sondern der einfachste Weg, das Problem zu lösen. Bei Dark Horse gibt es Vertreter von 25 Fachdisziplinen.
- Iteration: Dinge flexibel handhaben, wiederholen und besser machen. Der Begriff der Iteration wird nicht nur in der Software-Entwicklung immer häufiger genannt. Permanente Veränderungen erfordern diese Agilität von Unternehmen bei Projekten, Produktentwicklungen und in der Raumgestaltung.
Digitalisierung braucht vor allem eins: Empathie
Veränderung tut gut. Aber sie erzeugt auch Ängste. Bei den Workshops von Dark Horse kommen erstaunlich viele analoge Objekte zum Einsatz. In dieser digitalen Welt der Innovationsverstärker treffen wir auf Lineal, Bleistift und Tesafilm, Gummiband, Lego-Bausteine und Filzapplikationen. Mit diesen Materialien bauen die Mitarbeiter von Dark Horse – oft auch gemeinsam mit ihren Auftraggebern – erste Prototypen ihrer Ideen. So lässt sich schnell prüfen ob diese bei Nutzern ankommen, bevor man Ressourcen in die teure Entwicklung steckt. Neues Arbeiten bedeutet nämlich nicht zwangsläufig nur eine Zunahme der Digitalisierung und der Arbeit am PC, sondern vor allem eine andere Art der Zusammenarbeit und der Kommunikation.
Dass damit eine neue Kälte ins Büro einzieht, weil alles nur noch auf Effizienz getrimmt wird, davor müsse man keine Angst haben, so Monika Frech. Im Change-Prozess, den jede Digitalisierung erfordere, gehe es vor allem um Empathie. Zwar sei dieser Begriff nicht unbedingt das, was ein Auftraggeber hören möchte. Denn letztlich geht es in einem Unternehmen, vor allem auf der Management Ebene, immer auch um Effizienz. Aber Empathie ist ein wesentlicher Baustein der Veränderung. Empathie und Effizienz sind keine Gegensätze, sondern Empathie ist die Voraussetzung für Effizienz. Jedenfalls in einer tragfähigen Unternehmenskultur. Denn nur Unternehmen, die ihre Kunden wirklich verstehen, können Angebote entwickeln, die echten Mehrwert bieten und diese Produkte im nächsten Schritt effizient umsetzen. Das Gleiche gilt natürlich für Mitarbeiter – eine tragfähige Unternehmenskultur berücksichtigt unterschiedliche Bedürfnisse und Arbeitsmodi der Mitarbeiter.
Mit kleinen Eingriffen die Arbeitskultur ändern
Zu dieser Kultur, die man bei Dark Horse lebt und weitergeben will, gehören auf den ersten Blick einfache Änderungen mit großer Wirkung:
- Meetings mit Timeboxing / Zeitdruck: Wie bitte? – werden sich viele fragen. Wenn wir von irgendetwas zu viel haben, dann von zu wenig Zeit! Die meisten fühlen sich schon allein von der Menge der täglichen E-Mails überfordert. Zeitdruck ist so ziemlich das Letzte, was man braucht. Aber es ist absolut plausibel: Zeitdruck entsteht durch zu viel Arbeit in zu wenig Zeit. Wenn man etwa in Meetings – es ist zwar alles gesagt, nur noch nicht von allen – die verfügbare Zeit für alle Teilnehmer sichtbar mit einer rückwärts laufenden Uhr begrenzt, dann muss nicht alles noch ein zweites und drittes Mal gesagt werden. Wenn zehn Leute an einem Meeting teilnehmen, das auf diese Weise um zehn Minuten verkürzt werden kann, dann hat man 100 Minuten gewonnen.
- Meetings abschaffen: Jedenfalls dann, wenn sie überflüssig sind. Finden sie doch statt, kann man Gewohnheiten auch auf den Prüfstand stellen. Manchmal reicht es schon, zu erwartende Ergebnisse vorzudenken oder Strukturen vorzugeben: Wofür ist das Meeting da: News austauschen, Dinge koordinieren, Feedback einholen oder Entscheidung treffen? Warum ein Meeting, wenn das gleiche Ergebnis mit einer Diskussion per Newsfeed zu erreichen ist? Das sind nicht immer die großen Umstürze, die zu Veränderungen führen, sondern mitunter kleine Stellschrauben.
- Tische, Stühle, Whiteboards: Die gesamte Büroeinrichtung richtet sich nach dem Nutzer oder nach den vielen Nutzungsmöglichkeiten, die solche Dinge haben können. Dann bekommen Tische und Stühle Rollen, damit sie sich flexibel unterschiedlichen Tätigkeiten anpassen lassen. Da sind Tische rund, damit keiner den Vorsitz hat und niemand allein Kraft seiner Stellung im Unternehmen oder in der Runde den Vorsitz führen muss. Im Kreis sind alle gleichberechtigt. Man steht an diesen Tischen, weil Menschen im Stehen einander anders begegnen als im Sitzen. Und dann verlaufen auch die Gespräche anders.
- Der Failure Award: Alle machen Fehler und alle wissen, dass sie gemacht werden. Aber in der Regel wird versucht, das zu verbergen. Mitunter muss man dafür sogar viel Energie – sprich Arbeitszeit – aufwenden. Und wenn’s dann doch herauskommt, muss man noch mehr Energie aufwenden, um wieder im rechten Licht zu erscheinen und seinen vorherigen Status wiederherzustellen. Pure Zeitverschwendung, sagt Monika Frech. Einer ihrer eigenen Fehler war etwa die schöne gelbe Telefonzelle, die sie gebraucht auf Ebay für die penetrantesten Vieltelefonierer gekauft hat. Und die dann, bezahlt und geliefert, leider nicht durch die Tür passte. Es geht um Fehler, die man eben einfach macht, die sehr unangenehm oder teuer sein können und aus denen alle lernen können. Es geht darum, wie man mit sich und anderen nach einem Fehler umgeht. Für den besten Fehler wird bei Dark Horse regelmäßig ein interner Preis vergeben.
- Von der Push- zur Pull-Kultur: Man schreibt einfach keine Mails mehr in denen man wahllos alle Kollegen ins cc setzt. Die liest sowieso keiner richtig und sie erzeugen bei den anderen auch bloß den Zeitdruck, den man eigentlich vermeiden will. Die Informationen gehören ins Unternehmensnetzwerk, es ist bei Dark Horse Yammer. Wer die Information benötigt, holt sie sich eigenständig dort ab.
- Die starke und die schwache Version von JA und NEIN: Bei Dark Horse sind alle Teilhaber gleichberechtigt. Operativ hat jedes Projektteam die volle Entscheidungsmacht, es gibt keine Management- oder Reportingstrukturen, die Prozesse verlangsamen. Strategische Entscheidungen treffen die Gründer jedoch gemeinsam. „Unser entscheidendes Instrument ist der so genannte schwerwiegende Einwand, also das Vetorecht eines jeden. Das bedeutet man zeigt sich grundsätzlich mit Entscheidungen einverstanden, auch wenn man ihnen gegenüber nicht enthusiastisch ist. Außer eben, man zieht die Notbremse in Form des Vetos, wenn man denkt, unser Unternehmen steuert mit der fraglichen Entscheidung strategisch in die falsche Richtung. Wer so einen schwerwiegenden Einwand vorbringt, ist dann mitverantwortlich, eine Alternative auszuarbeiten. Diese sogenannte soziokratische Entscheidungsweise macht uns schnell und agil, weil dahinter eine „Why-not“ Haltung steckt und Entscheidungen sehr schnell implementiert werden können. Niemand blockiert einmal getroffene Entscheidungen, es gibt keine politischen Spielchen.“
Praxisbeispiel: Neue Arbeitsräume für einen Kunden aus der Luftfahrtbranche
Wie sieht Arbeiten heute aus, wie müssen Räume gestaltet sein? Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Wissensarbeiter brauchen Arbeitsumgebungen, die sie zu drei unterschiedlichen Arbeitsmodi befähigen: Solo, Team und Plenum. Inhaltlich lassen sich natürlich weitere Differenzierungen vornehmen: Bibliothek, Telefonzelle, Dialogbox, Stehtisch, Tunnelarbeit. Hier mischen sich die Arbeitsmodi und die entsprechend günstige Arbeitsumgebung. „Wir unterscheiden, je nach Kontext, zwischen den Modi: Konzentrierte Konzeptarbeit allein, Einzelarbeit um Aufgaben zu erledigen, kooperative Teamarbeit auf ein Ergebnis hin, Koordination im Team und soziale Interaktion im Kollegenkreis.“
Auch wenn die Räume sich dabei stark voneinander unterscheiden, allen gemeinsam ist: Es muss Regeln geben wie sie genutzt werden. Man sucht nicht mehr seinen Schreibtisch, sondern man sucht seinen Ort im Raum, entsprechend den Tätigkeiten.
Bei einem Kunden – ein großes Unternehmen aus der Luftfahrt – musste eine Einheit mit 400 Mitarbeitern in einen Neubau mit kleinerer Grundfläche umziehen. Dieser Prozess war auf Seiten der Mitarbeiter mit Ängsten und Befürchtungen verbunden, etwa, dass man seinen Platz oder sein Büro verliert, sich die Organisationsstrukturen verändern u.s.w. Dark Horse hat hier einen ausführlichen, kooperativen Change Prozess eingeleitet: Durch Beobachtungen vor Ort werden Arbeitsabläufe analysiert, Teamzusammenstellungen, Informationsflüsse, Routinen und Pausenszenarien untersucht. Ideen der Mitarbeiter und wichtige Bestandteile des Raumkonzepts werden in Workshops durch Visualisierungen und Prototypen erlebbar gemacht. So ist eine vollkommen neue Bürolandschaft entstanden. Statt die verfügbare Fläche nur mit Büros zu nutzen, haben die Mitarbeiter jetzt eine Bibliothek, einen Marktplatz mit Küche sowie Kojen und Hütten, in die sie sich zurückziehen können. Die Mitarbeiter haben freiwillig ihr Büro abgegeben zugunsten gemeinsamer Fläche. Und weil das keine Anweisung vom Chef war, sondern ihr eigener Vorschlag, betrachten sie das auch als ihr Ergebnis.
Generation Y
Was wir abschließend unbedingt noch von Monika Frech wissen wollten: Was hat es mit der Generation Y eigentlich auf sich? Wir sind mit dieser Frage genau am richtigen Ort. Die dreißig Leute von Dark Horse haben ein Buch geschrieben, mit dem Titel: „Thank God it’s Monday“. Hier wird nicht nur die neue Arbeitswelt beschrieben, die auf den Trümmern der alten aufgebaut ist, sondern es wird im Grunde ein neues Gesellschaftsbild entworfen.
Und dafür steht die Generation Y: ein Synonym für Spaß an der Arbeit, ein Wir-Gefühl, Schwarmintelligenz statt einzelner Genies. Menschen, die nicht mehr einfach arbeiten gehen, sondern wollen, dass ihre Arbeit wichtig ist und von anderen geschätzt wird. Und nicht nur die Arbeit, sondern sie selbst. Die Gründer von Dark Horse sind zwar prototypische Vertreter dieser Generation Y, glauben aber, dass deren Werte wie Spaß an der Arbeit und Selbstverwirklichung weit über Generationengrenzen hinaus wichtig sind. Man musste früher Chef sein, um das zu erreichen. Oder man musste das auf die Freizeit verschieben. Heute haben viele Wissensarbeiter diese Möglichkeit. Aber nicht für sich allein, sondern im Team. „Die Arbeit im Team“, heißt es in der Selbstdarstellung, „ist heute für viele Fragestellungen eine Grundvoraussetzung geworden. Echte Kollaboration bedeutet dabei mehr als zusammenarbeiten: Sich als ein Team verstehen, ein gemeinsames Ziel verfolgen, Wissen teilen, gemeinsam lernen und Dinge fokussiert zu Ende denken.“
So, liebe Monika, perlroten Dank, dass du uns durch eure Räume und eure Vorstellungen von innovativem Arbeiten geführt hast. Hier sieht man, dass die „schöne neue Arbeitswelt“ bestens funktioniert.